Donnerstag, 20. September 2012

[Rollenspiel] Superhelden habens schwer...


Argamae hat in einem Blog einen Post zu dem Thema "Superhelden" bzw. "Das Nichtvorhandensein von Superhelden und -Settings auf den deutschen Spieltischen" gepostet. Irgendwie habe ich mich in dem Thema verfangen und einen längeren *hüstel* Kommentar dazu verfasst, den ich hier in der vollen Länge noch mal wiedergeben möchte:
Grundlegend mag ich Comicverfilmungen schon recht gerne. Aber es stimmt schon: Am Tisch hatten wir eher selten das Vergnügen. Bei mir liegt das eher daran, dass ich dann definitiv nicht den Spandex-Grinse-Man mag, sondern eher die dreckigeren "Underdogs" z.B. Wolverine, Hellboy, Rorschach, Lobo, Spawn, Punisher und der gleichen.

Früher haben wir (meine Freundin und ich) schon eher mal zu "Superhelden" im düsteren Stil gegriffen. Da war z.B. mal ihre Halbvampirin (Blade-Style), die sich mit den Großen Alten angelegt hat oder ihr "Darkchylde"-Style Charakter, die zwar sie ein High-School-Außenseitergirly aussah, aber in der mehrere Dämonen schlummerten. Wir hatten damals aber immer sehr starke, emotionale Probleme im Spiel gehabt. Also nicht kein grinsendes Supergirl, sondern eben eher die Verfluchte, die versucht ihren Fluch für das Richtige einzusetzen - und das teilweise sehr, sehr blutig.
Die Frage ist halt, wie man an ein Superheldensetting heran geht. Ich sehe das so, wie Hack & Slay und Storytelling:
Spandex-Grinse-Helden-Spiele sind mehr Hack & Slay. Ein Schurke heckt was aus und man muss ihn stoppen. Relativ gradlinig und man kann auch einfach mal einen Overkill ala Avengers veranstalten, ohne sich groß Gedanken machen zu müssen.
Auf der anderen Seite sind da mehr die dunklen, düsteren Superhelden, die eine Last mit sich tragen. Eine Schuld, einen Fluch oder eine dunkle Gabe vielleicht. Das erzeugt einen Zwiespalt und gibt ihnen charakterliche Tiefe. Sicherlich kann man mit ihnen auch die Welt retten und Superschurken bekämpfen. Aber die Art und Weise und das Ergebnis ist schon etwas anderes. Es wird dreckig, blutig und kein bisschen nett und meistens endet es auch damit, dass sich unser Held nach der Arbeit in einer Kneipe volllaufen lässt.

Zu dem Punkt "Superhelden & Fantasy": Selbst in der Fantasy gibt es Superhelden. Conan oder Red Sonja sind - meiner Meinung nach - die Aushängeschilder dafür. Sie sind ikonische Over-the-Top-Charaktere, die in einer Schlacht dutzende Gegner niederstrecken und selbst nur ein paar Kratzer abbekommen. Gut, dass ist ein vollkommen anderer Spielstil. Hack & Slay eben und geht viel mehr in eine andere Richtung, als man es von DSA-EDO-Kuschlern kennt. Fantasy-Superhelden sind viel mehr eine Mischung aus dem düsteren Charakter und dem dauergrinsenden Superhelden: Die Settings sind oft blutig, sexistisch und voller schwarzem Humor. Und die Helden lachen dem Tod ins Gesicht, denn er kann ihnen ohnehin nichts anhaben. Superhelden in der Fantasy sind immer überzeichnet, während die Gegenrichtung eher "realistisch" gehalten und tödlich sein sollte.

Fakt ist: Man kann Fantasy und Superhelden schon mischen. Es ist halt ein ganz anderes Spielgefühl und ich weiß nicht, woran das liegt, aber mich beschleicht auch immer wieder der Gedanke, dass wir Deutschen einfach diesen Stil nicht so wirklich mögen. Sonst wären z.B. "Die Hohen" (Exalted) nicht so gefloppt, dass die 2. Edition nie mehr auf dt. erschienen ist. Oder warum DSA immer noch das deutsche RPG schlechthin ist, wo alles penibel und detailiert beschrieben und geregelt ist. Scheinbar mögen wir Deutschen einfach unsere Regeln und Richtlinien und da stechen so eher "wilde" und über alle Maßen freigiebige Settings, wie eben Superheldensettings, heraus. Ich glaube, wir mögen es einfach nicht zu viel Macht zu haben oder es jagt uns Angst ein. Vielleicht weil große Macht auch große Verantwortung bedeutet und da wir Deutschen für die Verantwortungsinstanz gehalten werden, die sauber, penibel und verantwortlich unseren Pflichten nach gehen, könnte es für viele von uns entspannender sein, sich einfach mal in ein Gerüst von Regeln, Konzepten und Werten zu begeben, wo man keine Verantwortung tragen muss. Ich weiß nicht, ob man das so schreiben kann oder ob das so ersichtlich ist. Mir ist nur aufgefallen, dass viele Leute, die ich kenne und die große Verantwortung im täglichen Leben tragen, in ihrer Freizeit auch keine Lust zum "Freak-Out" haben. Also auch da mal nicht richtig Abzudrehen, sondern auch eher in ihrem Rahmen bleiben.
Und so sehe ich das eben auch mit den Superhelden-RPG. Diese Personen wollen nicht die Welt retten oder dafür die Verantwortung übernehmen. Das ist zu viel für sie. Das müssen sie schon die ganze Zeit machen. Sie wollen nur "kleine Abenteuer" erleben, um dem Alltag etwas entfliehen zu können. Ich glaube sogar, dass man mit Superhelden-RPG und den Möglichkeiten, die sie bieten, solche Personen richtig stressen kann. So, als ob man ihnen die Macht Gottes geben würde. Bei "Bruce Allmächtig" (im Prinzip auch ein Superheld) hat er mit der Kraft gespielt, sie genutzt und ausgelebt. Aber würde dies auch ein Deutscher tun? Ich wage es zu bezweifeln.
Ich finde das Thema schon sehr diskussionswürdig, denn ich es kratzt auch schon sehr an einigen Gedanken, die ich mit im Bereich Rollenspiel gemacht habe.

By the Way: Matt von "The Land of NOD" hat ein sehr schickes, regelarmes und KOSTENLOSES Superhelden-RPG verfasst, auf das ich, weil es grad so schön zum Thema passt, verweisen möchte: Mystery Men

NACHTRAG: Weil es grad so schön passt...

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