Dienstag, 18. Oktober 2016

[Weltenbau] Brainstorming und Sortierung durch "Begegnungstabellen"

Rollenspieler, besonders die Spielleiterung, kennen Zufallstabellen. In diesem Fall eher die "Encountertables", also Tabellen für Zufallsbegegnungen. Diese können z.B. wie folgt aussehen:


Diese Tabellen geben an, welche Begegnungen man in diesem Landstrich oder Landschaftstyp erleben kann. Sie existieren oft für viele verschiedene Landschaftstypen, wie Pole, Meer, Wüsten, Wälder, Städte oder Unter der Erde und sind mit allerlei Kreaturen oder Nichtspielercharaktern gefüllt. 

Bei der Sichtung einer solchen Tabelle kam mir die Idee, dass man solche Listen ganz gut als Brainstormingmethode fürs Basteln der Flora und Fauna verschiedener Landstriche verwenden kann, um diese mit Leben zu füllen. Die Idee dahinter ist eine leere Liste mit einem Motto, z.B. "Hügel" wie in dem oberen Beispiel zu verwenden und sich darunter dann verschiedene Kreaturen, vornehmlich Tiere, Pflanzen und alles andere, was wächst, kriecht und gedeiht, in diese Liste passend zum Motto zu notieren. Es geht darum, seine Vorstellung im Kopf ein wenig zu gliedern und durch das relativ formlose Notieren dieser Gedanken in Form eines Brainstormings auf neue Ideen für seine eigenen Flora und Fauna zu kommen. Das "perfekte" Ziel wäre es dann, wenn man für seine 20 verschiedenen Landschaftsformen je 20 unterschiedliche Lebewesen notiert hätte. Dadurch hätte man immerhin schon 400 (!) unterschiedliche Kreaturen, die auf der Welt kreuchen und fleuchen.
  

Vorgehensweise und Regeln

Als erstes überlegt man sich, wie viele unterschiedliche Landschaftstypen seine Welt hat. Ignoriert dabei einfach die Würfelangaben, wie man sie aus Rollenspieltabellen kennt. Es geht nicht darum, zufällig eine Kreatur zu ermitteln, sondern die Landschaft mit Leben zu füllen. Für ein einfaches Beispiel legen wir folgende Landschaftsarten fest (Gebirge, Wald, Wüste und Meer) und bestimmen, dass auf in jedem Landschaftstypus vier unterschiedliche Lebensformen geben soll. Man sollte sich dabei an folgende Regeln zu halten:
  1. Keine Doppelnennungen!
    Sicherlich gibt es z.B. mehrere Drachenarten, aber wenn es diese in unterschiedlichen Landschaftsformen gibt, dann sollten sie auch unterschiedlich benannt werden. In dem Drachenbeispiel könnte dies der Wald- und der Wüstendrache sein. Daraus ergibt sich gleich auch Regeln Nummero 2:
  2. Suche Unterschiede!
    Wenn es eine Kreatur in unterschiedlichen Landschaftsformen gibt, hat sie nicht nur unterschiedliche Namen, sondern auch unterschiede im Aussehen. Ein Walddrache könnte z.B. eine grünliche Schuppenfarbe haben oder sicht vielleicht sogar wie ein Chamäleon tarnen können. Vielleicht hat er gar keine Flügel, weil diese bei der Fortbewegung im Unterholz nur störend wären. Auch wäre vielleicht die Eigenschaft des Feuerspeiens beim Walddrachen nicht ideal. Stattdessen könnte er aber wie eine Speikobra eine Gift verschießen. Der Wüstendrache hingegen könnte Flügel haben, weil er genug Platz zum Fliegen hätte. Außerdem helfen Flügel bei der Kühlung mit. Er könnte eine ledrige Haut mit einer sandartigen Oberflächenstruktur haben und kann sich vielleicht schnell im Sand eingraben, um so versteckt seiner Beute aufzulauern.
  3. Vermeide in Humanoide, Untote, Konstrukte & Co.!Für diese Tabellen sind Völker sowie magische Kreaturen, wie Untote, Golems oder ähnliches erst einmal fehl am Platz. Es geht hier vielmehr um die Flora und Fauna eines gewissen Gebietes und eben nicht um klassische Rollenspiel-Begegungstabellen. Es können aber natürlich entsprechend weitere Tabellen für diese Wesen erstellt werden. Allerdings könnte es z.B. in Landstrichen wie nuklearen Wüsten, vom Chaos zerrissene Ebenen oder nekromantische Leichenäcker auch entsprechende, andersartige Lebensformen geben.
  4. Setze dir ein erfüllbares Ziel!Egal, wie viele Landschaftsformen man besitzt, ersteinmal sollte man mit wenigen Einträgen anfangen. Vier Einträge pro Landschaftsform reichen da vollkommen aus und man kann ihre Zahl zu jeder Zeit noch weiter anheben.
    Manche Landschaftsformen bieten nur wenig Lebensraum. Man wird kaum 100 Kreauturen im ewigen Eis der Pole unterbringen. Schafft man hingegen zehn kann man schon sehr mit sich zu frieden sein. Aber zu Beginn reichen vielleicht drei oder vier Einträge und wer weiß, vielleicht entwickeln sich daraus dann auch weitere neue Ideen.
  5. Ignoriere anfangs alles Bekannte!Lasst alle Wesen, die bis dato gebastelt wurden, ersteinmal weg. Diese lenken nur ab oder man wird von ihnen vielleicht sogar unter Druck gesetzt, wenn man siehst, dass in einer Landschaftsform zu wenige Kreaturen angesiedelt wurden. Ersteinmal sollten die Landschaften mit ein paar neuen Wesen aufgefüllt werden. Danach kann man auch alte Wesen hinzusortieren.
  6. Ausbauen kann warten!Zuerst schreibt nan nur seine Ideen auf. Kurze Notizen wie "Wüstendrache: Große Flugechse, Sandfarben, kann sich im Sand vergraben." reichen oft aus. Wenn man natürlichen einen "Gimpeljauz" notiert, muss man schon etwas detailierter werden. Wichtig ist nur, dass man nicht zu lange bei einer Kreatur verbleibt, sondern flott weitermacht. Verbessern und ausbauen kann man später, aber...
  7. Warte nicht zu lange mit dem Ausbau!Notizen können wie Gummi am Schuh kleben. Was einst interessant klang, kann sich irgendwann in einen zähen, geschmacklosen Schleim verwandeln, den man nicht los wird, weil man ihn ja noch einmal gebrauchen könnte. Wenn man eine Notiz irgendwann durchliest und man wundert sich dann, was man sich dabei gedacht hat, dann ist sie definitiv zu lange herum gelegen. Daher: Erst brainstormen und dann langsam etwas ausbauen.
  8. In der Kürze liegt die Würze!Wird etwas ausbaust, dann sollte man nicht mit der Textmenge übertreiben. Keiner liest eine achtseitige Beschreibung über eine Blattlaus wirklich durch.
  9. Nutze Hilfsmittel!Sicherlich fällt einem nicht sofort zu jeder Landschaftsart etwas ein. Daher sollte man alles nutzen, was an Hilfsmitteln zur Inspiration zur Verfügung steht: Bilder, Comics, Filme, Rollenspiele, das Internet.
  10. Vorstellung ist das A & O!Man stellt sich am besten die Landschaft bildlich vor, die mit Leben gefüllt werden soll. Am besten schleißt man deine Augen und träumt zum Beispiel von schneeverhangenen Hochgebirgen mit ihren kargen Tälern und niedrigem, krautigen Pflanzenbewuchs. Was könnte in dieser Landschaft noch leben?

Kommen wir zurück zum Ablauf.
Hat man seine Landschaftsarten ermittelt und sich zu einer Zielmenge an Kreaturen durchgerungen, so kann man nun damit beginnen, die Tabelle aufzufüllen. Das kann dann wie folgt aussehen:
  1. Gebirge:
    1. Hochlandziege (kleine, leichte Ziegenart)
    2. Graubär (wie Dachs mit grauer Fellfarbe)
    3. Felsnatter (grau-braune Giftschlange)
    4. Feuersalamander (knallrote Echsenart. Lebt in Felsspalten. Berührung brennt wie Feuer (Ameisensäure))
       
  2. Wald:
    1. Grüner Walddrache (flügellos, chamäleonartig, speit Gift)
    2. Rindenkriecher (Raupen, die sich durch die Rinde der Bäume fressen)
    3. Astassel (Asselart, die auf Bäumen lebt. Handtellergroß.)
    4. Brummgimpel (kleiner Vogel, gibt brummende Geräusche von sich, wenn Gefahr droht)

  3. Wüste
    1. Wüstendrache (kann fliegen, sandfarben, versteckt sich in den Dünen)
    2. Scharrkäfer (schwarzer Käfer, lebt unter dem Sand)
    3. Kalok (große, schweineartige Kreatur. kann große Mengen Wasser in Hautblasen speichern)
    4. Dörrfisch (lebt in Flussoasen. In Trockenzeiten mumifiziert er regelrecht in einer Art Winterschlaf. Kommt er mit genug Wasser in Kontakt, wird er wieder lebendig.)
  4. Meer
    1. Schwarzhai (großer, nachtschwarzer Haifisch)
    2. Laternenqualle (Quallen, die nachts an der Wasseroberfläche schwimmen und im Dunkeln leuchten)
    3. Tiefseenonne (schwarzer Tintenfisch, dessen Tentakel mit Hautlappen verbunden sind. Sieht beim Schwimmen wie eine Ordenschwester aus.)
    4. Plankwurm (kleiner Krillwurm, der an der Wasseroberfläche lebt und sich an Schiffsplanken festsetzt. Bei einem starken Befallen lösen sich die Holzplanken auf).
Diese Liste entstand innerhalb weniger Minuten aus dem Nichts.
Auf einer solchen Basis kann man nun weiter aufbauen, wobei Fragen da besonders gut helfen: 
Was frisst ein Schwarzhai? Oder hat er einen Fressfeind? Wer hat der Tiefseenonne ihren Namen gegeben? Von was lebt der Scharrkäfer? Gibt es Tiere, die mit dem Kalok in einer Symbiose leben, um seine Haut zu pflegen? Wie groß ist eigentlich ein Walddrache? Hat er Fressfeinde? Was frisst ein Graubär? Ist er Fleisch- oder Planzenfresser? Oder beides? Und wenn er Pflanzen frisst, was für welche? Wogegen wehrt sich eine Felsnatter oder der Feuersalamander?

Natürlich kann man auch hier dann Übergänge zwischen den einzelnen Landschaftsarten herstellen und auch überlegen, wie die unterschiedlichen Lebewesen untereinander agieren.
Ebenso kann man auch weitere Tabellen für Völker oder Personen herstellen, die in diesen Gebieten anzutreffen sind, usw. Andere Sortierungsmöglichkeiten wären auch z.B. nach Ländern (Flora und Fauna von Sarghai-Tan, F&F von Voorm-Thak, usw.) oder Landstrichen (F&F der Elfenbeinküste, F&F des Plateaus von Leng, usw.), wobei ich persönlich erst einmal zu allgemeineren Listen des oberen Beispiels tendiere und deren Ergebnisse dann passend zum Land oder dem Landstrich abmischen würde.

Mit der Tabellenmethode kann man recht übersichtlich daran arbeiten, seine Welt mit Leben zu füllen. Natürlich ist es nicht DIE absolute Methode, doch kann sie dabei helfen, strukturiert an der Flora und Fauna der Welt zu arbeiten.

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